Fr
21
Okt
2016
Die besten Dinge des Lebens sind oft die einfachen – wenn sie gut gemacht sind. Doch wie entsteht etwas qualitativ Hochstehendes? Ganz einfach; derjenige der etwas herstellt liebt seinen Beruf und weiss was er tut. Es gibt in allen Bereichen Klassiker, gut gemacht ein Traum, lieblos zubereitet und /oder präsentiert ein Albtraum. Nehmen Sie z.B. einen simplen Klassiker aus der Schweizer Küche – Rösti . Gut gemacht äusserst fein, jedoch mit etwas Arbeit verbunden – Kartoffeln werden vorgekocht, danach lässt man diese bis zu 2 Tagen ruhen, und erst danach werden die Knollen geschält und von Hand gerieben. Goldgelb und knusprig in etwas Butter gebraten kann aus einer Kartoffel eine Delikatesse werden. Diese Art der Zubereitung lässt zumindest mir das Wasser im Munde zusammenlaufen und macht Appetit; alles andere ist einfach nur traurig. Nur wenn man nirgendwo mehr das Original bekommt, weiss man am Ende des Tages auch nicht mehr wie es richtig zu sein hat. Wir Menschen werden derartig konditioniert, dass das traditionelle verloren geht. Es ist doch viel einfacher die Verpackung mit dem fertigen Produkt zu öffnen, und in der Pfanne zuzubereiten - sich also keine Arbeit zu machen. Da das heutzutage fast überall der Fall ist wissen wir grösstenteils gar nicht mehr, wie etwas eigentlich auszusehen und zu schmecken hat.
Genauso ist das auch in unserer Branche, und am einfachsten kann man dies bei Diamantschmuck veranschaulichen, einem absoluten Klassiker aus der Juwelierküche. Auch wir benötigen natürlich die besten Zutaten für ein schönes Schmuckstück. Das Design eines Objektes ist tatsächlich Geschmacksache, und über Geschmack soll man ja bekanntlich nicht streiten. Wenn es jedoch um die Verarbeitung bzw. Herstellung von Diamantschmuck geht, dann gibt es natürlich Regeln, und es gibt darüber hinaus ebenso traditionelle Rezepte welche für ein hochwertiges Juwel befolgt werden sollten. Die, die anderes behaupten, oder meinen, dass diese Regeln für sie nicht gelten, sind einfach nur bequem wie der eingangs erwähnte „Tütenkoch“. Natürlich sind traditionelle Fertigungstechniken oft etwas arbeitsintensiver, wenn man jedoch weiss was man tut und professionelle Fachleute an die Sache heranlässt, keinesfalls kostspieliger.
Ring mit monotonen Linien, die steril und leblos wirken
Dynamische Haute Joaillerie wie es sein sollte
Natürlich steht am Anfang wie immer die Idee zu einem Schmuckstück; also beginnt man mit dem Design. Nach dem Entwurf auf dem Papier stellen wir, und ich darf hier natürlich nur für unser Haus sprechen, immer einen Prototypen her – meistens aus Silber um schon von Beginn an einen konkreten Eindruck des späteren Schmuckstückes zu bekommen. Diesen Prototypen lassen wir auf uns wirken, die ganze Sache erst einmal etwas ruhen – ähnlich wie die eingangs erwähnten Kartoffeln.
So hat man die Gelegenheit entsprechende Änderungen oder Anpassungen vorzunehmen. Ein Juwel soll ja nicht nur auf den ersten Blick begeistern, es soll zeitlos sein, ausgewogen, und bei jeder erneuten Betrachtung gefallen. Wie wir alle wissen können auch erste Eindrücke letztendlich trügerisch sein.
Sind die Proportionen perfekt folgt der nächste Schritt, und dieser ist entscheidend für die Aussage eines Diamantschmuckstückes – die sogenannte Disposition, also die Aufteilung oder Einteilung wo später welcher Diamant ( Grösse/Durchmesser) gefasst wird.
Hier ist nicht nur der Fachmann sondern der Ästhet gefordert. Wir folgen immer der Form des entsprechenden Stückes, und versuchen diese noch hervorzuheben. Dementsprechend muss mit vielen verschiedenen Diamantgrössen gearbeitet werden. Vergleichen Sie einmal selber verschiedene Diamantschmuckstücke eines vergleichbaren Typs also ähnlichen Designs. Sie werden erkennen, dass vielfach, z.B. bei einem Pavéring, nur Brillanten von ein und derselben Grösse verarbeitet worden sind.
Der Grund hierfür ist schnell erklärt. Zum einen bedienen sich die Hersteller solcher Schmuckstücke gerne der Diamantgrösse, welche zum niedrigsten Marktpreis erhältlich ist, zum anderen entfällt schon beim „Prototyping“ der zusätzliche Prozess der Disposition. Hinzu kommt noch, dass der Juwelenfasser ein leichtes Spiel hat – er muss ja nur noch monoton ein und dieselbe Diamantgrösse fassen. Diese Arbeitsersparnis geht jedoch eindeutig zu Lasten des Endproduktes. Um dies zu veranschaulichen sehen Sie sich einfach die nebenstehenden Abbildungen an.
Monotone Linien die steril und leblos wirken contra ein liebevoll arrangiertes Pavé, welches der Form des Stückes folgt, und diese respektiert bzw. sogar noch unterstreicht, und das Feuer der Brillanten optimal wiedergibt; ich denke wenn man wählen dürfte, fällt einem die Entscheidung leicht, aber wie gesagt, man muss auch die Wahl haben.
Wenn ein Diamantschmuckstück, wie bis hierhin erwähnt, entsprechend fachlich korrekt konzeptioniert und vorbereitet wird, sind die entscheidenden Weichen gestellt. Gemäss der aufgebrachten Disposition werden seitens des Juwelenfassers die entsprechenden Bohrungen vorgenommen, um später die Diamanten fassen zu können.
Nun folgt die finale Entscheidung: Wie soll das Juwel von der Rückseite aussehen? Man sollte sich ausnahmslos jedes Schmuckstück, und das gilt nicht nur für Diamantschmuck, von der Rückseite betrachten. Lachen Sie jetzt bitte nicht, aber das gilt natürlich auch für das zu Beginn erwähnte Schweizer Nationalgericht – nur von einer Seite angebraten macht sich das Ganze auch nicht so gut, oder einfach gesagt: Es ist nicht fertig.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten ein Schmuckstück rückseitig zu vollenden. Da oder dort bietet es sich an das Objekt zu verböden, falls möglich natürlich mit einem sogenannten Luftkader. Diesen anzubringen ist zwar auch etwas arbeitsintensiver, gibt dem Stück jedoch eine entsprechende Leichtigkeit, und zwar sowohl optisch als auch praktisch in Bezug auf das Gewicht. Man möchte ja auch einen gewissen Tragekomfort und nicht etwas zu schweres und unangenehmes.
Bewegt man sich auf dem höchsten Niveau der Juwelierskunst, ist das sogenannte „ à jour“ in der „Königsklasse“ ein absolutes Muss. Hier ist der Kunsthandwerker zu 100% gefordert. Diese Art der rückseitigen Dekoration muss ebenfalls dem Stil des Schmuckstückes folgen und ist mit sehr viel Arbeit verbunden, jedoch spricht eine fachgerecht ausgeführte Arbeit für sich. Die Industrie versucht auch diesen Arbeitsprozess mit sogenannten „Wachsprinting-Geräten“ zu imitieren und stellt Gussmodelle her, die ein“ á jour“ darstellen sollen. Der Kenner erkennt dieses sterile Plagiat jedoch sofort.
Paradebeispiel für eine lieblose Arbeit und Massenfabrikation
Letztendlich lässt sich sagen, dass ein klassisch- und traditionell gefertigtes Diamantschmuckstück eine ebenso grosse Freude ist, wie ein liebevoll zubereitetes Gericht. Ein wenig Arbeit und Know-How ist nun einmal durch nichts zu ersetzen.